Rügen

Ruegen-Cover

Wo de Ostseewellen trecken an den Strand,
Wo de gele Ginster bleugt in`n Dünensand,
Wo de Möwen schriegen gell in`t Stormgebrus,
Da is mine Heimat – da bün ick to Hus. 

Well- und Wogenrauschen wor min Wiegenlied,
Un de hohen Dünen sehgn min Kinnertied,
Sehgn uck all min Sehnsucht un min heit Begehr,
In de Welt to flegen oewer Land un Meer. 

Woll hät mi dat Lewen dit Verlangen stillt,
Hät mi allens gewen, wart min Hart erfüllt,
Allens is verswunnen, wart mi quält un drev,
Hev dat Glück nu funnen, doch de Sehnsucht blev. 

Sehnsucht na dat lütte, kahle Inselland,
Wo de Ostseewellen trecken an den Strand,
Wo de Möwen schriegen grell in`t Stormgebrus;
Denn da is mine Heimat – da bün ick to Hus. 

In Zingst auf Rügen aufgewachsen, schrieb Martha Müller-Grählert dieses Gedicht, das unter der Überschrift: „Mine Heimat“ 1907 zum ersten Mal in den „Meggendorfer Blättern“ veröffentlicht wurde. 

 

Vom Thüringer Simon Krannig 1910 vertont, entwickelte sich das Lied schnell zu großer Bekanntheit. Manche schrieben das Lied in ihre regional benötigte Version um: Die Friesen besingen die Nordseewellen, die Ostpreußen die Haffes Wellen. Im Fassatal, fernab von Wasser und Wellen, heißt es sogar „Wo die Wiesen sind mit Blumen übersät“.

Heute trecken die Wellen durch ganz Europa, ja sogar durch die ganze Welt. Das Lied erklingt in Amerika, Kanada, als Rumba verfremdet in Brasilien, Afrika und Australien.

Vom großen Erfolg des Liedes hatte Martha Müller-Grählert jedoch nichts. Erst 1936 wurden ihr und dem Komponisten nach langjährigen Prozessen die Urheberrechte zugesprochen. Zu spät, um auch materiell davon profitieren zu können. Ehe die Regulierungen des Urteils rechtskräftig wurden, starb Martha Müller-Grählert im November 1939 arm und vereinsamt. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof in Zingst mit der Inschrift: „Hier is mine Heimat, hier bün ick to Hus“.