Chatanga

Vier Monate im Jahr gibt es in Chatanga die totale Finsternis, wenn der Winter alles in Fesseln hält. Minus 50°C und mehr. Der Motor der Fahrzeuge läuft hier Tag und Nacht. Wer ihn abstellt, hat für den Rest des Winters kein Auto mehr. Wenn irgendwann im Juni der Frühling kommt, ist auch Chatanga im Aufbruch. Es ist 24 Stunden hell. Der Boden beginnt an der Oberfläche aufzutauen. Ein Paradies für die Milliarden von Gelsen. Das Packeis verschwindet im Juli.

In den Monaten der „Eiszeit“ wird Chatanga ausschließlich vom Flugzeug versorgt. Nur die einheimischen Jäger bringen manchmal Robben, Karibous und Fische von der Pirsch in die Stadt. Sie sind vom Volk der Dolgans, die Ureinwohner dieser Gegend der Arktis.

Gleich hinter Chatanga beginnt die Unendlichkeit der Taiga. Natur soweit das Auge reicht. Freiheit ohne Grenzen.

Aber Freiheit und Gefangenschaft liegen hier eng beisammen.

Früher einmal war Chatanga ein gefürchtetes Lager. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch deutsche Kriegsgefangene hierher gebracht. Einige sind zurückgegangen, viele sind bis heute dort geblieben. Die zweite oder dritte Generation ist es jetzt schon. Viele sprechen noch Deutsch. Sie treffen sich manchmal, um sich in ihrer Muttersprache zu unterhalten oder alte Lieder von der Heimat zu singen, die sie noch nie gesehen haben…